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Ruf der Heimat & Monika Roscher BigBand (MRBB)

Ruf der Heimat

Das Quartett wurde 1992 gegründet, mit dabei Ernst-Ludwig Petrowsky – einer der Väter des Jazz in der DDR. Seit dessen schwerer Krankheit ergänzt der Posaunist Christof Thewes das Quartett.

Die Musik ist Vergangenheit und Zukunft des Jazz zugleich: Die Heimat ruft charmant, melodiös, lautstark, leise, verquer, bellend und sehr schön. Das Ganze ist hinreißender, hymnischer Free Jazz, den das Berliner 4-tet „Ruf der Heimat spielt“, nein: zelebriert. Vielleicht liegt das daran, dass Bandleader und Saxofonist Thomas Borgmann sich stets als »wertkonservativ« bezeichnet hat. Seine eher traditionelle Spielauffassung zündet, aber in diesem Free Kontext: Sein melodiöser Sound verleiht der Musik erst das unwiderstehlich-euphorische Element.

Thomas Borgmann – Saxophone

Christof Thewes – Posaune

Willi Kellers – Schlagzeug

Christoph Winckel – Bass

Besser ist ein Konzert mit Ruf der Heimat nicht zu beschreiben:

„die vorzeichen stehen schlecht. petrowsky tritt nicht mehr auf, borgmann ist krank, sein tenor muss generalüberholt werden, auf dem alt versucht er sich erst seit kurzem, kellers hat schlechte laune. das alles erfahre ich beim rauchen vorher.
der keller allerdings ist voll. und auf der bühne ist das alles wie weggeblasen. zur gewohnten, ermüdend mäandernden vorrede des klubbesitzers fällt kellers und winckel schon mal ein groove ein, thewes kommentiert ironisch auf der posaune, irgendwann spielen sie alle über den redner hinweg, der seinen text stoisch zu ende bringt.
die aus reibung entstehende energie hält das ganze erste set hindurch. ruf der heimat ist ein elektrisches feld, mit stromstößen an vier punkten. es blitzt so hin und her.
borgmann auf dem alt ist tatsächlich gewöhnungbedürftig, aber sein motivisches spiel, ohne den gesanglichen, hymnischen ton, verschiebt alles überraschend richtung ornette.
den hymnischen part übernimmt thewes, die rhythm section rumpelt und swingt, schlägt wellen, macht pausen. da hebt was ab, ganz schnell.
im zweiten set ist das schon eingespielter, die pointen sind sie eigentlich schon losgeworden, daumenklavier, in 80 takten um die welt, kinderlieder mit brüchigen stimmen.
aber der schlecht gelaunte kellers (er lächelt von minute 2 an) federt das ding durch den raum, ein merkwürdig idiosynkratischer swing, trotzdem natürlich hinreichend informiert. ich kenne wenig bessere (deutsche) drummer.
der ganze abend macht sehr viel spaß. irgendwie ist das kirche und spielplatz in einem. und am ende gehen alle bestimmt gesünder nach hause. ich allerdings fahre mit der s-bahn in die falsche richtung. also noch ein bisschen weiter.“
~ Jan Künemund about concert at Aufsturz, Berlin 12-01-2018

http://www.thomasborgmann.de/heimat.html